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Die Zehn-Jahres-Frist(en) bei der Immobilienschenkung | 1. Februar 2019

Jedes Jahr werden in Deutschland mehrere tausend Grundstücke durch Schenkungen übertragen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So kann die Übertragung die Basis für den Hausbau der Kinder sein. Mancher will sich aber auch von der Last der Bewirtschaftung befreien. In anderen Fällen wiederum sollen der künftige Nachlass möglichst gering gehalten oder steuerliche Freibeträge umfassend ausgenutzt werden. In allen Fällen kommt man im notariellen Vorgespräch schnell auf die berühmten „zehn Jahre“, denn diese Frist spielt bei der Schenkung von Immobilien an vielen Stellen eine wichtige Rolle.

Eine Schenkung bietet (nicht immer) Sicherheit

Im Ergebnis jeder Schenkung geht das Eigentum an der Immobilie vom Schenker auf den Beschenkten über. Dabei verliert der Schenker Vermögen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Zwar überlässt es das Gesetz prinzipiell den Vertragsparteien, aus welchen Motiven und zu welchen Bedingungen sie einen Vermögensgegenstand übertragen. Grundsätzlich ist also niemand gehindert, auch größere Teile seines Vermögens zu verschenken. „Allerdings gibt es verschiedene Regelungen die verhindern, dass durch die Schenkung einzelne Personen oder die Allgemeinheit geschädigt werden“, erläutert Notarassessor Benedikt Mack von der Landesnotarkammer Bayern und ergänzt: „Dass man kurz vor dem Tod alles verschenkt und der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten später erklärt, dass kein Nachlass vorhanden sei, dürfte bei jedem ein Störgefühl hervorrufen.“ Andererseits soll über einer Schenkung nicht ewig ein Damoklesschwert schweben. Bei vielen Regelungen sind daher Korrekturen nach dem Ablauf von 10 Jahren nicht mehr möglich. Aber Achtung: Ob und wann die Frist anläuft, kann von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet unterschiedlich sein.

 

Verschenkt, verarmt und nun? – Der Sozialhilferegress

„Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen. Dieser Spruch aus Kindheitstagen lässt sich nicht auf das Recht übertragen“, erläutert Mack. Gerade wenn ein Schenker plötzlich auf Sozialleistungen angewiesen ist, etwa weil Versicherungen und Vermögen für die Finanzierung eines Pflegeplatzes nicht mehr ausreichen, stehen schnell Schenkungen aus den letzten Jahren im Fokus. Denn das Gesetz gibt dem Schenker ein Rückforderungsrecht, wenn er auf einmal nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten oder seinen Unterhaltspflichten nachzukommen.

Bei Schenkungen innerhalb der Familie soll diese Rückforderung häufig nicht geltend gemacht werden. Dazu besteht auch keine Verpflichtung. Mack weist aber auf die Möglichkeiten eines Übergangs des Rückforderungsanspruchs auf staatliche Stellen hin: „Soweit ein Sozialhilfeträger Leistungen an den Schenker erbringt, kann er den Rückforderungsanspruch auf sich überleiten.“ Die Schenkung und die spätere Bedürftigkeit sollen nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen, denn prinzipiell muss sich jeder zunächst selbst helfen. Mit der Überleitung ist der Sozialhilfeträger der neue Gläubiger des Rückforderungsanspruchs. Er allein entscheidet über dessen Geltendmachung. Auch wenn der Schenker es nicht will, muss der Beschenkte dann Rückforderungen befürchten. In der Praxis bedeutet dies aber regelmäßig nicht die Herausgabe der Immobilie, vielmehr wird häufig eine monatlich Geldzahlung im Umfang der Finanzierungslücke geleistet. Die Zahlung ist dabei insgesamt auf die Höhe des Schenkwertes begrenzt.

Tritt die Bedürftigkeit erst zehn Jahre nach der Leistung des geschenkten Gegenstandes ein, ist die Rückforderung ausgeschlossen. Maßgeblich für den Zeitpunkt ist der Tag, an dem nach Abschluss der Verträge der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt gestellt ist. Ob und in welchem Umfang dem Schenker noch Nutzungsrechte am Grundstück zustehen, ist für diese Frist unbedeutend.

 

Ich schenk mich arm! – Und was ist mit dem Kind aus erster Ehe?

Nach deutschem Recht wird Ehegatten, Kindern und unter Umständen sogar den Eltern eine Mindestbeteiligung am Vermögen des Verstorbenen garantiert. „Das Gesetz löst dies über einen Anspruch auf Geldzahlung gegenüber den Erben, den sogenannten Pflichtteilsanspruch. Die Höhe der Zahlung ist abhängig vom Wert des hinterlassenen Vermögens und der Erbquote, die einem kraft Gesetzes zugestanden hätte“, erläutert Mack und führt weiter aus: „Doch kurz vor dem Tod alles zu verschenken, das geht nicht. Hier hat der Gesetzgeber Hürden eingebaut.“

Durch die Schenkung wird der Nachlass geringer, was in der Konsequenz auch zu einer Reduzierung des Pflichtteilsanspruchs führt. Das Gesetz sieht daher zusätzlich einen Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils vor. Dabei wird der Wert des verschenkten Gegenstandes dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet. Von Bedeutung sind alle Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall. Maßgeblich für die Frist ist die Eigentumsumschreibung im Grundbuch.

Allerdings wird der Schenkwert nur im ersten Jahr nach dem Tod in voller Höhe berücksichtigt. Danach schmilzt er prinzipiell jedes Jahr um 10 Prozent ab. Zu beachten ist aber, dass die Frist nach der Rechtsprechung überhaupt nicht zu laufen beginnt, wenn sich der Schenker noch umfangreiche Rechte an der Immobilie vorbehalten hat. In diesem Fall wurde das Eigentum nur formal aus den Händen gegeben, während die eigentliche Nutzungsmöglichkeit beim Schenker verbleibt.

 

Folgen für die Schenkungsteuer

Die Zehn-Jahres-Frist ist im Übrigen auch für das Steuerrecht von Bedeutung. Liegen zwischen der Übertragung der Immobilie und einer weiteren Schenkung oder Erbschaft mehr als zehn Jahre, so können persönliche Steuerfreibeträge mehrfach ausgenutzt werden. Für den Beginn des Fristlaufs kommt es nicht auf die Eigentumsumschreibung an, auch der Antrag muss noch nicht gestellt sein. Vielmehr genügt es, wenn sich die Parteien über den Eigentumswechsel geeinigt und die formalen Bewilligungen erklärt haben.

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